Nationalanarchismus

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Nationalanarchismus

 letzte Aktualisierung: 30. Mai 2007

AUTO:  -CHTHON & -NOM
Nr. 17, Mai 2005
– Übersicht –

 

Detlef Nolde

Entscheidungsschlacht im Kopf – Leben heißt Veränderung
Eine Besprechung des Buches „Fluchtpunkt Neonazi – Eine Jugend zwischen Rebellion, Hakenkreuz und Knast“ von Stefan Michael Bar [1]

Stefan Michael Bar erklärte 2001 vor Millionen Fernsehzuschauern seinen Ausstieg aus der NS-Bewegung. Jedoch bereits viele Monate vorher begann er, sich, für ihn wahrnehmbar, von der nationalsozialistischen Ideologie zu entfremden. Die Welt in ihrer ganzen Bandbreite und auch die Widersprüche und die Heuchelei der nationalsozialistischen Sekte hinterließen ihre Spuren, die sich immer deutlicher bemerkbar machten. Das kann man auf Dauer offenbar nicht unterdrücken, höchstens verdrängen.

„Der Nationalsozialismus war meine Religion, Adolf Hitler mein Gott. Alles drehte sich nur noch hierum. (…)Es schien, als habe ich mein Seelenheil gefunden.“ [2]

Es brauchte eine Zeit bei ihm, sich klar zu werden, daß da etwas Neues im Entstehen war, etwas, was ein Ausstieg, aber auch ein Neuanfang sein würde. Für Außenstehende ist deshalb diese Phase der inneren Klärung, die eine schrittweise Abkehr ist, nicht unbedingt erkennbar. Er war noch einer von ihnen, so dachten sie. Bis ihm nach langer Zeit klar war: Es ist nicht mehr meine Ideologie, es sind nicht mehr meine Kameraden. Er brach endgültig und war frei, verinnerlichte Dogmen waren verschwunden, eine Last war nicht mehr da. – Am Ende solch einer Endphase kann ein beeindruckender Mensch stehen, mit dem man Kontakt hat, oder aber eine Grenzsituation, etwa eine Haft, Einsamkeit, was auch immer. Der Bruch kommt auf jeden Fall, egal in welcher Situation, wenn denn die innere Gewichtung entsprechend vorhanden und fortgeschritten ist.

Bar ist glaubwürdig und sympathisch, er geht seinen Weg, macht sein Ding. Er kennt kein Anbiedern an seine früheren „Gegner“, schüttet sich nicht Asche übers Haupt, verrät keine Ex-Kameraden an die Justiz, und jegliche Zusammenarbeit mit staatlichen Organen und ominösen Aussteigerinitiativen lehnt er ab. Mit „Berufsaussteigern“ wie zum Beispiel Jörg Fischer kann er nichts anfangen:

„Keine Lust, mich vermarkten zu lassen. Durch Talkshows tapsen wie ein Tanzbar, ich brauch das nicht. Für mich sind das keine Aussteiger, die hängen ja immer noch an der ‚Szene’ und teilen sich über die mit. Dieses ganze Aussteiger-Getue ist für mich genauso verlogen wie die ‚Szene’ oder Politik allgemein. Davon will ich nichts wissen.“ [3]

Reue? Fehlanzeige bei Bar:

„Ob ich irgend etwas bereue, bin ich oft gefragt worden. Gar nicht so leicht zu beantworten. Natürlich könnte ich den Kopf senken und Reue heucheln, wem aber würde das was bringen? In erster Linie muß ich das, was ich getan habe, vor mir selbst verantworten, vor sonst niemandem. Ganz allein mit mir muß ich in Einklang kommen. Wer mir moralisch etwas vorhalten will, kann das gerne tun, interessiert mich nicht. Niemand hat mir etwas vorzuwerfen oder muß mich an etwas erinnern. Und ich bereue es nicht, für ein Prinzip gekämpft zu haben, das diesen Staat in Frage stellt, daß ich mich aufgelehnt habe. Auch, wenn ich mich ideologisch so brutal irrte und auf der falschen Seite stand. Aus meinen damaligen Empfinden war das richtig, ich muß das heute so stehen lassen. Ich habe mich selbst entnazifiziert, ich ganz allein. Hoch geflogen und tief gefallen, doch ich stehe wieder.“ [4]

Folgende Sätze zeigen exemplarisch die Empfindungen und Gedanken von Menschen, die sich losgemacht haben von geistiger Starre, der vielgepriesenen „Treue zur Idee“:

„Es war eine Entscheidung von Sekunden, Sekunden, in denen ich endgültig mit den ‚Kameraden’ brach. Wie ich zuvor schon auf Distanz gegangen, hatte mich abgesondert und zurückgezogen, jetzt war die Bindung gekappt. Wie eine Nabelschnur durchtrennt. Alles andere hätte bedeutet, sich selbst zu belügen. Die letzten Monate war ich wie ein Schiff ohne Ruder hin und her getrieben, manövrierunfähig, ohne Ziel, zwischen Ausstieg und drin bleiben. Jetzt war ich gestrandet, auf Grund gelaufen. Das Feuer war aus, in mir konnte ich das richtig spüren. Mir war, als ob ich aus einem langen Traum aufwachen würde. Mosaikstein für Mosaikstein hatte sich zusammengefunden und mich in meinen Zweifeln immer mehr bestätigt. Steter Tropfen höhlt den Stein, an diesem Morgen mußte ich mir eingestehen, jetzt und hier war die Sache zu Ende. Auf einmal war da die totale Erleichterung, ein völliges Freiheitsgefühl in mir. Dieser komische Druck war plötzlich weg, all die Jahre über hatte ich mich dem selbst ausgesetzt. Politisch was auf die Beine stellen, organisieren, funktionieren, auf Linie sein. Die ganze Anspannung, innerlich, auf einmal weg, im Kopf völlige Klarheit. Ich geh raus, weil das nicht mehr meine Sache ist, nicht mehr mein Kampf. Nicht nur um mich herum, auch in mir wurde es hell. Kein Roboter mehr, der eine Mission erfüllen muß, keine Maschine mehr, sondern ein Mensch, der über sich selbst nachgedacht hat. Hat lang gedauert, bis ich angefangen habe, mich selbst zu begreifen und zu verstehen, eine Phase, in der ich allein sein wollte, allein sein mußte. Niemals hätte ich daran gedacht, der ‚Bewegung’ den Rücken zu kehren, einfach unvorstellbar. Und jetzt war ich drauf und dran, es zu tun. Der Ausstieg ist Anfang und Ende zugleich. Auf einmal steht man völlig alleine da. Die Gesellschaft war der Feind, und daran mußte ich mich erst einmal gewöhnen, langsam herantasten, Feindbilder abbauen, auf Leute zugehen. Du lebst Dein Leben in der Szene, und gleichzeitig zieht das Leben an Dir vorbei, ohne daß Du’s merkst. Selbstisolation. Wenn man sich die selbst zugelegten Scheuklappen abnimmt, ist es erst mal komisch, wieder nach links und rechts zu sehen und nicht mehr nur stur geradeaus. Über den Tellerrand hinaus, keine Überlegungen mehr, ist das im Einklang mit dem Nationalsozialismus. Ich ganz allein hab entschieden, subjektiv, dem Gefühl nach. Wenn ich aussteige, dann für immer, ohne Rückkehr. Das hatte ich mir fest vorgenommen und wollte mir ganz bewusst den Weg zurück versperren.“ [5]

Die Wirklichkeit ist stärker als jede Sektenlehre, die man in seinem Kopf installiert hat. Ist das eigene Ich noch am Leben, wird es umso stärker sich bemerkbar machen, wie die implantierte Dunkelheit, der fremde Geist, an Macht verliert. Wer hier über Jahre erfolgreich gegensteuert, ist nicht standhaft oder treu, sondern ein tragischer Fall, der immer mehr verhärtet und zur Explosion kommen kann, da sein innerer Zuchtmeister nicht mehr in der Lage ist, die Spannung unter Kontrolle zu halten. Dann steuert die Sekte im Kopf, gleich einer finsteren Wesenheit, auf den großen Knall hin, der seinen Träger mit in den Abgrund reißt. Bei Bar wurde es hell in ihm und um ihn herum.

Es bleibt zu hoffen, daß es noch weitere solcher Entscheidungen gibt. Wenn NS-Aussteiger zu Orientierungspunkten und Hilfen werden, dann ist ihr Gang an die Öffentlichkeit nicht umsonst gewesen. Und gleichzeitig können sie sich selbstbewußt einbringen in die Gestaltung der lebendigen Zusammenhänge, reich an Erfahrung und im Wissen darum, daß immer der Mensch im Mittelpunkt politischen Handelns stehen sollte, nicht eine Ideologie.


[1] Stefan Michael Bar, Fluchtpunkt Neonazi – Eine Jugend zwischen Rebellion, Hakenkreuz und Knast, Verlag Thomas Tilsner, Berlin 2003, www.aussteiger-buch.de
[2] Ebenda, S. 37
[3] Ebenda, S. 146
[4] Ebenda, S. 144
[5] Ebenda, S. 132-141
 

Dieser Text stammt von Detlef Noldes Seite und kann in Detlef Noldes Forum diskutiert werden: http://www.detlef-nolde.de.vu
 

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